Studie: Die Weichen für Industrie 4.0 sind nicht gestellt
Die Digitalisierung ist in vollem Gange und nichtsdestotrotz gibt es in vielen Unternehmen noch keinen leitenden Angestellten für die digitale Transformation: Nur elf Prozent der Firmen haben einen Hauptverantwortlichen für die Digitalisierung von Geschäftsmodell und -prozessen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Beratungsgesellschaft Kienbaum. Sollte hier nicht auch HR ein Wörtchen mitreden?
Steigen wir zu Beginn mit einem Beispiel ein: Für den Online-Kunden bedarf heutzutage es nur ein paar Klicks, um das gleiche Produkt bei der Konkurrenz unter die Lupe zu nehmen und auch dort zu bestellen. Bei den Betreibern der Portale sorgt das für eine kontinuierliche Arbeitsverdichtung und enormen Druck: Sie müssen ihre Seiten stets so optimieren, dass der Kunde darauf verweilt und genügend Informationen bekommt, um letztlich den auch den “Kaufen-Button” zu klicken. Und so werden Bewertungssysteme gebastelt, Communities für den besseren Austausch aufgesetzt und Videos eingebunden.
Studie: Arbeitnehmer haben das Nachsehen
Wer muss all das ausbaden? Richtig: Die Arbeitnehmer. Denn meist wird der Druck von Arbeitgebern praktisch ungefiltert an ihre Mitarbeiter weiter gegeben. Und bei all dem geraten deren Bedürfnisse der Mitarbeiter häufig in Vergessenheit. Die Folge: Druck, Stress und Arbeitslast nehmen zu. Das gilt natürlich nicht nur für den Online-Handel, sondern praktisch für alle Branchen und Sektoren.
Wie dem begegnen? Die Antwort darauf lautet unter anderem: Mit einem Wissensstand der Mitarbeiter, der immer up-to-date ist. Denn um schnell die passende Antwort auf ein Kundenbedürfnis zu finden, dafür bedarf es Personal, das immer top qualifiziert ist. Es wäre fatal, etwa bei einem Auftrag warten zu müssen, bis der Qualifizierungsplan erfüllt ist. Was Firmen heute brauchen, ist also ein passendes Lernumfeld, um schnell auf geänderte Anforderungen reagieren zu können.
Studie: Prozesse definieren und etablieren
Hier kommt HR ins Spiel. Personalern obliegt es, für ein gut funktionierendes Wissensmanagement das optimale Setup zu schaffen. Dabei unterstützt moderne Software zunächst beim Eruieren von Mitarbeiterbedürfnissen und letztlich auch bei der Umsetzung von Schulungsplänen.
Letztlich sollte aber all das in engem Einklang mit dem Management und der IT vorangetrieben werden. Denn zum einen sind viele Lernmodule IT-basiert. Umso wichtiger, dass die entsprechenden Prozesse laufen und Programme implementiert werden. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille.
Allem voran müssen die Module auch in die Prozessstrategie eines Unternehmens integriert werden. Denn letztlich sollen sie die Prozesse beschleunigen und nicht behindern, etwa indem Mitarbeiter durch laufende Schulungen gebunden sind. Das ist nur ein Beispiel von vielen, in denen die voranschreitende Digitalisierung und ihre Anwender zusammengebracht werden müssen.
Studie: Unterschätzen Firmen die digitale Transformation?
Doch genau hieran hapert es bei der großen Mehrheit der Unternehmen. Gerade einmal sieben Prozent der von Kienbaum befragten Firmen planen, in den kommenden zwölf Monaten die Position für einen leitenden Angestellten für die digitale Transformation neu einzurichten. Für die Studie hat Kienbaum mehr als 80 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt.
“Der Job des Chief Digital Officers ist im Moment weltweit einer der spannendsten. Die digitale Transformation von Unternehmen ist ein Prozess. Deshalb ist auch die Rolle des Digital-Chefs prozesshaft zu verstehen, denn im Idealfall macht er sich nach ein paar Jahren überflüssig, wenn die Digitalisierung des Geschäftsmodells und wichtiger Prozesse vollzogen ist. Dann übernimmt er oder sie in einem verwandten Ressort die Hauptverantwortung”, konstatiert Fabian Kienbaum, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Managementberatung.
Viele Unternehmen ohne sogenannten Transformer in Chief gehen das Thema Digitalisierung bislang dezentral an: 48 Prozent haben die Verantwortung keiner speziellen Abteilung zugeordnet. Wenn das Thema doch in der Verantwortung eines bestimmten Bereichs liegt, ist in der Regel die IT gefragt: 35 Prozent der von Kienbaum befragten Firmen siedeln dort die Zuständigkeit für die Digitalisierung an.
Studie: Es gilt zu handeln
“Wer die digitale Transformation dezentral organisiert, wird der Bedeutung des Themas keinesfalls gerecht. Erstens braucht es einen klaren Verantwortlichen, der das gesamte Thema steuert und vorantreibt. Zweitens: Ein innovativer Ansatz ist der Aufbau einer so genannten Digital Unit, also einer separaten Einheit neben der Organisationsstruktur des Unternehmens, die Digital-Projekte entwickelt und vorantreibt und so als Innovationsabteilung agiert. Dafür bedarf es neben einer passenden Strategie für das digitale Zeitalter eines kompetenten Chief Digital Officers und eines Teams, das die relevanten Methoden für Innovation und Digital Business Development beherrscht”, sagt Fabian Kienbaum.
Verantwortliche für Digitalisierung agieren meist auf Führungsebene.
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- 56 Prozent der Verantwortlichen für Digitalisierung sind Führungskraft, ein Drittel ist Spezialist oder Experte und elf Prozent Geschäftsführer oder Vorstand.
- Der typische Digital-Chef arbeitet erst seit knapp drei Jahren in dieser Position, hat einen Hochschulabschluss und verantwortet in der Regel den Digitalisierungsprozess für ein Land, in dem sein Unternehmen tätig ist.